Scholl & Oberlinger

„Small gifts“ – „Kleine Gaben“ nennen Dorothee Oberlinger und Andreas Scholl in Anlehnung an die Widmungsvorrede der Brandenburgischen Konzerte ihre neueste CD mit Vokal- und Instrumentalwerken von Johann Sebastian Bach. – Ganz schön tief gestapelt...

Wenn sich zwei Spitzenmusiker zu einem gemeinsamen Projekt zusammentun, dann muss das nicht zwingend gut gehen. Im Falle der jüngst erschienenen CD der Blockflötistin Dorothee Oberlinger und des Countertenors Andreas Scholl aber ist es ein beglückendes Miteinander von Blockflöte und Altstimme geworden. Ausgewählt wurden für diese Einspielung die komplette Solokantate „Vergnügte Ruh, beliebte Seelenlust“, Arien aus vier weiteren Kantaten sowie zwei Brandenburgische Konzerte und ein rekonstruiertes Flötenkonzert von Bach. Als verbindendes Element fungiert die Blockflöte, die in allen Werken vertreten ist.

Unbestrittener Höhepunkt der CD ist die Interpretation der Solokantate „Vergnügte Ruh, beliebte Seelenlust“ (BWV 170). Andreas Scholl setzt mit seiner wunderbar facettenreichen Altstimme die barocke Poesie großartig um, von dem „vergnügt-ruhigen“ Strömen in der Eingangsarie bis hin zum trotzigen Aufbegehren („Mir ekelt mehr zu leben“) in der Schlussarie. Ein zusätzlicher Gewinn ist das instrumentale Arrangement der zweiten Arie: Die dort verlangte obligate Orgelstimme wird in der Aufnahme von zwei Blockflöten (Dorothee Oberlinger und Lorenzo Cavasanti) übernommen. Auch die weiteren Auszüge aus Bach-Kantaten offenbaren ein perfektes und ausdrucksreiches Miteinander von Vokal- und Instrumentalstimmen. Selbst das intonatorisch heikle Colla-parte-Spiel von zwei Blockflöten in der Arie „Die Obrigkeit ist Gottes Gabe“ gelingt hervorragend. Und einen besonderen Effekt bietet das Schlussarrangement des Evergreens „Jesus bleibet meine Freude“.

Auch die drei Instrumentalwerke wurden in hoher Qualität eingespielt. Das Ensemble 1700 präsentiert sich hier mit großer Präzision und Transparenz, auch wenn die dargebotene Virtuosität – etwa im Eingangssatz des 4. Brandenburgischen Konzerts – zuweilen etwas übertrieben wirkt. Sehr originell klingt die rekonstruierte Flötenversion des f-Moll-Cembalokonzerts.