Kantaten von Clérambault

Der junge belgische Tenor Reinould van Mechelen hat auf seiner zweiten Solo-CD Kantaten von Clérambault eingespielt

In der ersten Hälfte des 18. Jahrhundert wirkte Nicolas Clérambault als hochangesehener Musiker in Paris. Er war als Organist an verschiedenen Kirchen und Klöstern beschäftigt, pflegte aber auch enge Verbindungen zum Königshof. Als Musiklehrer und Komponist war er in adligen Kreisen sehr gefragt und bestimmte so den Musikstil während der Regentschaft Ludwigs XV. an entscheidender Stelle mit.

Seine überregionale Bekanntheit erlangte Clérambault mit seinen weltlichen Kantaten. Er hinterließ 25 entsprechende Werke, die er in fünf Sammlungen sowie einigen Einzelpublikationen veröffentlichte. Zeitgenössische Autoren und Musiktheoretiker priesen ihn daraufhin als den größten französischen Meister dieser Gattung. So schrieb etwa Jean Bachelier 1728: „Clérambaults Kantaten genießen die Bewunderung von ganz Paris. In der Schönheit der Melodie, dem Abwechslungsreichtum der Begleitung und der Schwierigkeit der Aufführung findet man heute nur wenige vergleichbare Werke.“ Und tatsächlich bieten diese Stücke auf engstem Raum und mit Kammerbesetzung die komplette barocke Gefühlsskala.

 

Dass sich der 30-jährige belgische Tenor Reinould van Mechelen mit diesen extrem differenzierten Kantaten beschäftigt, ist mutig, aber auch konsequent. Von Beginn seiner Laufbahn an hat er sich ganz auf die Barockmusik spezialisiert, war Mitglied bei Les Arts Florissant und hat mit vielen ausgewiesenen Spezialisten der Alten Musik zusammengearbeitet. Diese enorme Schulung an barocken Kompositionen zahlt sich nun in den Clérambault-Kantaten aus: Ob extreme Trauer oder überschäumende Freude, Eifersucht oder Pathos – all diese von Clérambault so fein hineinkomponierten Affekte setzt van Mechelen in seiner Interpretaton adäquat und ohne jegliche Übertreibung um. Seine warme und in der Höhe wunderbar leuchtende Stimme ist enorm wandlungsfähig und macht somit diese Darstellung der Gefühlsskala glaubwürdig. Sein vierköpfiges Instrumentalensemble A Nocte Temporis ist ihm da ein verlässlicher Begleiter, auch wenn vielleicht von der Violine noch ein paar mehr Akzente kommen könnten.